Rio „Grande“…, so könnte ich meine vierten Paralympics in Rio beschreiben und ganz anders präsentierte sich Brasilien als vorher von Olympia berichtet wurde. Im Vorfeld der Behindertenspiele hörte man nur negatives, keine Zuschauer, schlechte Stimmung, das Olympische Dorf, nicht fertig, viele Mängel, dreckig und das Essen, nicht abwechslungsreich und wenig ausgewogen. Schon bei der Ankunft stellte sich den Sportlern und auch Betreuern ein ganz anderes Bild dar, alles hat bestens gepasst und schön war es.
Das waren aber auch nur die Nebenschauplätze, denn wichtig waren nur die Rennen und meine vermeintlichen Medaillenchancen in der 3000m Bahnverfolgung und im Zeitfahren wollte ich nutzen, dass ich beim 1000m Sprint auf der Bahn wegen des Faktors und im Strassenrennen wegen der Klassenzusammenlegung C1-3 keine Chancen hätte war so vorhersehbar. Das Training in der Vorbereitung lief optimal und die Form bei den Bahnrennen war bestens, so wurde die Verfolgung auch zu einem vorher nicht angedachten Spektakel. Ich startete in der Quali gegen den Amy Billy Lister, der vermeintlich zu den Favoriten gehörte. Ein ausgeglichenes Rennen bis zur 7. Runde, als sich meine Prothese vom Pedal löste und ich ausrollen lassen musste, dann zwar schwer „geknickt“ war, aber nochmal starten durfte und bei meiner zweiten Chance einen Traumlauf hinzauberte. Mit 4.02.65min fuhr ich auf den 3.Platz und erreichte das kleine Finale um Platz drei in dem ich gegen den 1000m Spezialisten Arnoud Nyhuis antreten musste. Mit Michi Teuber, der in der Quali auf Platz 5 fuhr und um nur um 2 Zehntel das kl. Finale verpasste, wäre es wohl ein spannendes und ausgeglichenes Rennen auf Augenhöhe geworden, der Holländer holte mich nach 3 Runden ein und so wurde ich vierter. Beim 1000m Sprint tags darauf fuhr ich mit 1.23.70min. eine ansprechende Zeit, weil das Rennen für die Klassen C1-3 aber mit Faktor gewertet wurde gab es für mich von vornherein keine Siegchancen. Ich landete auf Platz 21.
Für die Straßenwettbewerbe und vor allem beim Zeitfahren sollte die Möglichkeit einen Spitzenplatz zu belegen gegeben sein, sollte…! Der Tag begann schon durchwachsen, ich radelte mit dem Zeitfahrrad zur Rennstrecke, dort war das Warmfahren auf der Rolle mit dem Straßenrad geplant, doch leider vergas das Team mein Rennrad im „Dorf“ und ich musste das Aufwärmen auf das Steffen-Warias-Rad verlegen, nicht optimal! Die Gedanken waren beim Rennen, ich wusste welche Leistung erforderlich ist um unter die ersten Drei zu kommen. Ich kam zum Anfang des Rennens gut in Tritt, aber das typische Renngefühl hatte ich nicht. An der Wende zur letzten langen Gerade wurde ich zwar von einem Begleitauto ausgebremst und auf dem letzten Kilometer verabschiedete sich meine Beinprothese wieder vom Pedal, weil ich über einen Betonboppel fuhr, aber letztendlich war die Leistung zu wenig um eine Medaille zu gewinnen. Mit 50sec Rückstand auf „Bronze und Silber“ kam ich dennoch auf Platz 4 und wenn das Rennen ohne Komplikationen geendet hätte, wäre ich wohl auch um etwa 25sec zu langsam gewesen. Es gewann mit einer Topleistung mein Teamkollege Michael Teuber vor Ross Wilson/Kanada und Giancarlo Massini/Italien. Beim Straßenrennen über knapp 75km konnte der Sieger nur aus der der C3 Klasse kommen, die C1-2 Fahrer waren auf Grund der schwereren Behinderungen nur Feldauffüller. Trotzdem wollte ich im Kreise der C1 Sportler ganz vorne mit dabei sein. Es waren insgesamt 40 Rennfahrer am Start, den Sieg machten die C3er unter sich aus und da zeigte Steffen Warias im Sprint seine Klasse und gewann vor Chris Bosmans/Belgien und Fabio Anobile/Italien. Die C1 Klasse hätte Michi Teuber gewonnen und ich wäre auf Platz 2 gefahren, aber im Gesamtklassement waren es nur die Plätze 15 und 19. Die Leistungen waren gut, das intensive Training hat sich ausgezahlt, aber für die Medaille reichte es leider nicht ganz und dass ich vierter werden kann, diese Erfahrung machte ich ja schon mal. Es waren trotzdem tolle Paralympische Spiele, mit viele begeisterten Zuschauern, mit einer sehr erfolgreichen deutschen Radsportmannschaft und mit vielen Momenten die immer in Erinnerung bleiben werden und daran hatte auch mein extra angereister Fanclub sehr großen Anteil.